[Mitglieder-Bericht 015/2023 - Husum/Bredstedt, 3. April 2023]

Diskussionsrunde in der Koogshalle bei Bredstedt
Rund 220 interessierte Bürgerinnen und Bürger erhielten am 29. März 2023 bei einem gemeinsam organisierten Diskussionsabend des LandFrauenVerbandes Nordfriesland und des Klinikums Nordfriesland zur „Gesundheitsversorgung im Jahre 2025“ einen sehr guten Einblick in die schwierige Situation, vor dem das Gesundheitswesen steht. Unter Moderation von Carsten Kock, Chefkorrespondent von Radio Schleswig-Holstein, und unter dem Motto „Sorgenkind Gesundheitswesen – Auswirkungen auf Nordfriesland“ standen vier Impulsreferate auf der Tagesordnung.
Dr. Jens Lassen, Vorsitzender Hausärzteverband Schleswig-Holstein aus Leck, appellierte an die Kultusminister und die Ministerpräsidenten der Länder, endlich den „Masterplan Medizinstudium 2020“ umzusetzen, in dem Bund und Länder eine Attraktivitätssteigerung des Medizinstudiums – zum Beispiel eine praxisnahe Ausbildung und die Stärkung der Allgemeinmedizin – fixiert haben. Gleichzeitig forderte er die Kultusminister auf, die Anzahl der Medizin-Studienplätze zu erhöhen. Zugleich machte er aber auch deutlich, dass junge Ärzte kaum mehr Interesse hätten, sich 70 Stunden pro Woche auf eigenem wirtschaftlichem Risiko in die Patientenversorgung einzubringen. Neue Formen der Versorgung müssten gefunden werden, damit die „Nachwuchsärzte“ in einem abgesicherten Angestelltenverhältnis praktizieren können. In dem Punkt seien unter anderen auch die Kommunen gefordert.

Stephan W. Unger, Geschäftsführer des Klinikums Nordfriesland, wartete in seinem Vortrag „Droht eine Katastrophe? Die Situation der klinischen Versorgung in der Fläche“ mit dramatischen Zahlen auf: Die Krankenhäuser in Deutschland machen aktuell jeden Monat 740 Millionen Euro Verlust – somit ist in 2023 mit einem Verlust aller Kliniken in Höhe von knapp neun Milliarden Euro zu rechnen! Die ins „politische Schaufenster“ gestellte Energiekostenhilfe im Umfang von 4,5 Milliarden Euro würde bei den Kliniken kaum ankommen, da die Ausführungsbestimmungen so formuliert seien, dass sie an der Realität vorbei gingen. „Unsere Sorgen, Nöte und Wünsche haben wir Gesundheitsminister Lauterbach im Sommer bei einem Besuch in Husum vorgetragen – bislang passiert ist nichts“, fasste er zusammen.
Stephan W. Unger ging zudem auf die geplante „revolutionäre Krankenhausreform“ am Beispiel der Geburtshilfe ein: Die aktuellen Überlegungen von Karl Lauterbach würden dazu führen, dass alle Kliniken, die über keine spezielle „Schlaganfallversorgungs-Einheit“ (Stroke Unit) verfügten, auch keine Geburtshilfe mehr betreiben dürften. „Damit müsste auch die größte Geburtsklinik Deutschlands in München schließen“, so Unger. Einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen Schlaganfallbehandlungen und Geburtshilfe könne er nicht erkennen – „ich bin aber auch kein Medizin-Professor“.

Damit war der Bogen zur geburtshilflichen Versorgung geschlagen, der sich Monika Steensen, seit 40 Jahren Hebamme im Krankenhaus Husum