[DKG-Meldung - Berlin, Dienstag, 16.01.2024]
Erwartungen der DKG an das gesundheitspolitische Jahr 2024
Im Jahr 2024 müssen die Weichen gestellt werden, um die Krankenhausversorgung mittel- und langfristig sicherzustellen. Die Erwartungen der deutschen Krankenhäuser beziehen sich dabei sowohl auf kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen, die unbedingt notwendig sind, als auch auf eine langfristige umfassende zwischen Bund, Ländern und Krankenhausträgern abgestimmte Krankenhausreform.
Wirtschaftliche Lage – Insolvenzgefahr steigt weiter
„Wir brauchen zuallererst die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser. Die Insolvenzgefahr ist 2024 historisch hoch. Das liegt an der andauernden Unterfinanzierung der Betriebskosten in den vergangenen Jahren. Wir haben 2022 und 2023 durch die Inflation weitaus höhere Kosten gehabt, als wir Erlöse erwirtschaften konnten. Die Preise, die wir mit den Krankenkassen abrechnen konnten, bleiben fortlaufend hinter den inflationsbedingten Mehrkosten zurück. Das ergab bis Ende 2023 ein Defizit von rund 9 Milliarden Euro. Und dieses steigt 2024 Monat für Monat um 500 Millionen Euro weiter an“, erklärt Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). „Wir starten in das dritte Jahr in Folge, in dem die Krankenhäuser mehr Geld für die Behandlung der Patienten ausgeben müssen, als sie von den Krankenkassen für die Versorgung erhalten.“
2024 werden die Tarifsteigerungen deutlich zu Buche schlagen. Während sie im Pflegebereich über das Pflegebudget refinanziert sind, gilt dies für alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht. Der aktuelle Tarifabschluss sieht ab März einen Kostensprung um durchschnittlich 10 Prozent vor, für den es nur eine hälftige Refinanzierung gibt.
„Wir hatten 2023 eine Rekordzahl von 29 Insolvenzen. 34 Standorte mit insgesamt 13.500 Beschäftigten waren betroffen. In diesem Jahr wird diese noch einmal weit übertroffen werden. Wir müssen mit bis zu 80 Insolvenzen rechnen, wenn nicht endlich die Bundespolitik den Forderungen der Länder nach wirtschaftlicher Stabilisierung der Krankenhäuser nachkommt. Die Länder haben in einer Bundesratsinitiative einstimmig und parteiübergreifend einen Inflationsausgleich für die Jahre 2022 und 2023 und die zügige Anpassung der Landesbasisfallwerte und Psychiatrieentgelte insbesondere an die gestiegenen Personalkosten gefordert. Dies unterstützen wir nachdrücklich. Die versprochenen Liquiditätshilfen, die der Minister mit dem Krankenhaustransparenzgesetz ins Schaufenster gestellt hat, werden das Insolvenzrisiko nicht bannen. Die Dimension von 6 bis 8 Milliarden Euro, von der der Minister spricht, ist absolut unrealistisch. Unsere Analysen kommen auf etwas über 2 Milliarden Euro, von denen nur relativ wenige Krankenhäuser profitieren werden. Doch diese Liquiditätshilfen sind kein einziger zusätzlicher Euro für den notwendigen Inflationsausgleich. Es sind Ansprüche, die die Kliniken gegenüber den Krankenkassen für bereits ausgezahlte Pflegepersonalkosten längst haben und die nur etwas früher ausgezahlt werden sollen. Wenn jetzt aber diese bestehenden Forderungen der Krankenhäuser auch noch als Druckmittel und Verhandlungsmasse beim Transparenzgesetz eingesetzt werden, ist das kein fairer Umgang. Wir erwarten, dass der Bund die Liquiditätshilfen und die Mittel zur wirtschaftlichen Sicherung umgehend in einem anderen Gesetz verankert. Wir laufen sonst Gefahr, dass 2024 nicht nur ein Jahr des kalten Krankenhaussterbens wird, sondern wir nach diesem Jahr feststellen müssen, dass die über Jahrzehnte gewohnte Versorgungssicherheit in zahlreichen Regionen Deutschlands Geschichte ist“, so Gaß.
Transparenzgesetz hoch umstritten
Die Verhandlungen um das Transparenzgesetz laufen in nicht nachvollziehbaren Bahnen. Blockadevorwürfe gegen die Länder und Vorwürfe an Länder und Krankenhäuser, Patienten wichtige Qualitätsinformationen vorzuenthalten, sind irreführend und falsch. „Wir können die Probleme der Länder mit diesem Gesetzentwurf durchaus verstehen. Niemand hat etwas gegen Transparenz bei der Qualität. Aber der Minister kündigt grundsätzlich die gemeinsame Vereinbarung mit den Ländern auf, dass es keine Leveleinteilung bei den Kliniken geben soll. Der Bundesminister versucht aber nun diese Leveleinteilung durch die Hintertür doch einzuführen und die Krankenhausplanung damit zu dominieren. Zusätzlich wird das Transparenzgesetz zu mehr Bürokratie führen. Und nach derzeitigen Planungen sollen Leistungsgruppen für Krankenhäuser veröffentlicht werden, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Krankenhausplanung der Länder noch gar nicht abgeschlossen ist. All das sind Kritikpunkte, die man problemlos aus dem Weg räumen könnte, wenn der Bundesminister dazu auch bereit ist“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende.
Krankenhausreform muss kommen
Unter dem Streit um das Transparenzgesetz leidet auch die große Krankenhausreform. Ursprünglich sollte sie schon Ende des vergangenen Jahres in Kraft getreten sein, und jetzt liegt noch nicht einmal ein Referentenentwurf vor. Dieser Referentenentwurf wird vom Ministerium zurückgehalten, solange es seinen Willen beim Transparenzgesetz noch nicht bekommen hat.
„Wir stehen zur Krankenhausreform, und wir fordern deren Umsetzung. Ein zentraler Bestandteil der Reform ist die Vorhaltefinanzierung. Das was aber bisher in den Entwürfen stand, wird kein Problem lösen, sondern nur zu noch mehr Bürokratie und Fehlanreizen führen. Dies zeigt sehr deutlich die Auswirkungsanalyse, die Vebeto durchgeführt hat“, so Gaß.
Vorhaltefinanzierung verfehlt alle Ziele
Die Vorhaltefinanzierung, so das Ziel des Ministers, soll zu Entökonomisierung, Entbürokratisierung und Existenzsicherung insbesondere der kleinen Krankenhäuser führen. Die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse* zeigen aber, dass die Ziele im vorliegenden Konzept verfehlt werden. „Eine Entökonomisierung findet nicht statt. Die Erlöse eines Krankenhauses hängen weiterhin stark von der Anzahl der behandelten Patienten ab. Die Vorhaltefinanzierung ist auch keine Existenzsicherung für Grundversorgungskrankenhäuser in den Flächenländern. Sie kann Erlösverluste bei einem allgemeinen Rückgang der Patientenzahl oder beim Verlust von Leistungsgruppen infolge der Krankenhausplanung nicht ausgleichen. Die Vorhaltefinanzierung unterstützt auch nicht die Konzentration von Leistungen in größeren Krankenhäusern. Eigentlich konterkariert sie sogar die Idee der Konzentration und Zentralisierung. Denn wachsende Standorte haben Erlösnachteile im Vergleich zum heutigen System. Dass die Vorhaltefinanzierung einen Beitrag zur Entbürokratisierung leistet, ist ausgeschlossen, denn sie ergänzt das existierende DRG-System um weitere neue Regulierungen ohne an anderer Stelle Bürokratie abzubauen. Die Auswirkungsanalyse zur Vorhaltefinanzierung macht deutlich, dass der Reformprozess in seiner bisherigen Form in einer Sackgasse steckt. Wir können es uns nicht leisten, die Umsetzung dieser wichtigen Reform weiterhin im Hinterzimmer ohne den Sachverstand der Experten aus den Krankenhäusern und der Selbstverwaltung zu erarbeiten. Wir fordern hier den Minister und die Länder auf, dringend die Beratung über den Gesetzentwurf und die praktische Umsetzung der politischen Ziele auf eine breitere Basis zu stellen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft steht für eine solche konstruktive Mitarbeit bereit, um die Krankenhausreform in dieser Legislaturperiode doch noch erfolgreich umzusetzen. Eine Hängepartie über viele weitere Monate können wir uns als Krankenhäuser und als Land nicht leisten. Die Versorgung steht auf dem Spiel“, mahnt Gaß.
*Die Auswirkungsanalyse finden Sie hier:
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.